Interview mit MDR Thüringen zum Stand des Einzelhandels schwächere Geschäftszahlen für das 1. Halbjahr 2024 aus der Händlerbefragung des Handelsverbands Thüringen e.V.

Der Handelsverband Thüringen e.V. hat im Rahmen einer Händlerbefragung Geschäftszahlen für das 1. Halbjahr 2024 vorgestellt. Darin lassen sich schwächere Zahlen hinsichtlich Gewinn und Umsatz erkennen. MDR Thüringen – Das Radio nahm dies zum Anlass, jene Entwicklung mit dem Geschäftsführer des Handelsverbands Thüringen e.V., Knut Bernsen, und dem Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft Rudolstadt mbH, Robert Heerklotz, einzuordnen.

Laut Thüringer Handelsverband bewegt sich Thüringen innerhalb des bundesweiten Trends sinkender Umsätze und Erlöse über die gesamte Handelsbranche. Gründe seien hier das zunehmend geringe Budget der Bevölkerung für Ausgaben, die nicht zwangsläufig erfolgen müssten. „Handel hat auch immer etwas mit Wohlfühlen und Genießen zu tun – Ausgaben, die nicht für den täglichen Bedarf bestimmt sind, werden dann überdacht“, so Bernsen. Dies zeige sich insbesondere daran, dass die Nachfrage bei eben diesen grundlegen Waren unverändert sei, während andere Bereiche einen Rückgang verzeichnen.

Erkennbar ist zudem ein Gefälle zwischen touristisch geprägten Einkaufsgegenden in größeren Städten wie Erfurt und den eher ländlicheren Teilen Thüringens.

Die jüngere Generation zeichne sich durch eine Onlineaffinität aus, berücksichtige also den Onlinehandel tendenziell stärker als ältere Kundschaft, so Robert Heerklotz, Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft Rudolstadt mbH. Dies würde insofern messbar unterlegt, als dass Smartphones im Gesamtanteil der verwendeten Endgeräte bei Onlinebestellungen seit Jahren zulegen. „Ältere Kundschaft schätzt hier auch die persönliche Beratung vor Ort, ein Pfund, mit dem stationärer Handel stark punkten kann“, so Heerklotz weiter. Es sei daher notwendig, alle Kundenpotentiale auszuschöpfen. Es müsse in der Bevölkerung jedoch auch das Verständnis vorherrschen, dass „sich eine attraktive Nahversorgung und Handelsstruktur nicht ergeben kann, wenn sie nicht aktiv genutzt wird“.

Nicht zu vernachlässigen sei der Anteil an verfügbaren Einkommen für Güter, die nicht zwangsläufig erworben werden müssten. Insofern spiegele sich die allgemeine Wirtschaftslage immer auch in den Handelszahlen wider.

Dennoch sei die Situation in Rudolstadt -bezogen auf ländliche Gebiete in Thüringen- auf einem Niveau, um welches anderen Kleinstädte Rudolstadt beneiden würden. Stadtplanerische Aspekte beeinflussen ebenfalls die Belebung der Innenstadt, und sei es nur indirekt: „Aufenthaltsqualität, ein hoher Sanierungsgrad und keine riesigen Einkaufszentren am Stadtrand, die Kaufkraft aus dem Zentrum binden“, so Heerklotz.

Wesentlich mahnen beide Gesprächspartner politische Entscheidungsträger um ein gesundes Maß an Regelung. Viele Anforderungen, die häufig auf Bundesebene entschieden würden, erschwerten die Arbeit der Händler zusätzlich. „Hauptaufgabe ist die Führung des Handels, für die Kundschaft eine Leistung zu bieten“ meint der Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft Rudolstadt. Es sei für diese Berufsgruppe nicht Hauptziel, komplizierte Formulare auszufüllen. Dies sollte im Sinne attraktiver Innenstädte und eines funktionsfähigen Handels dringend auf politischer Ebene überdacht werden. „Die Entscheidungsgewalt liegt hier im Wesentlichen nicht in kommunalen Sphären, weshalb wir verschiedene Plattformen nutzen, praxisnahe Rückmeldungen im Sinne des seit langem versprochenen Bürokratieabbaus zu spiegeln“, sagte Robert Heerklotz abschließend.

Der Handelsverband Thüringen hofft, im Weihnachtsgeschäft bessere Zahlen zu verzeichnen.

Eine Zusammenfassung des Interviews hörten Sie in der Sendung „Das Fazit vom Tag“ auf MDR Thüringen – Das Radio am 12.07.2024.